Aktienrecht

Spezialmaterie für den Fachanwalt für Gesellschaftsrecht

Die Aktiengesellschaft tritt in der Praxis in zweierlei Gestalt auf: als börsennotierte Gesellschaft mit einem mehr oder minder großen Kreis an Aktionären und als nichtbörsennotierte Gesellschaft mit einem mehr oder minder kleinen Kreis an Aktionären. So unterschiedlich beide Typen sind, so unterliegen doch beide den gleichen rechtlichen Maßstäben. So bilden das Aktiengesetz und die angrenzenden Regelungsmaterien den rechtlichen Rahmen für sämtliche Aktiengesellschaften.

Das Besondere des Aktiengesetzes ist die große Strenge: Zum einen erlaubt das Aktiengesetz nur in ganz wenigen Fällen ein Abweichen der gesellschaftsvertraglichen Regelungen in der Satzung von den gesetzlichen Grundregeln. Zum anderen führen bereits kleine Verstöße gegen scheinbar unbedeutende (aktienrechtliche) Formalien zur Nichtigkeit von Entscheidungen des Vorstandes, des Aufsichtsrates und der Hauptversammlung.

Aktionäre, Vorstände und Aufsichtsräte sind daher gut beraten, das enge Korsett, welches das Aktienrecht ihnen anlegt, sorgsam zu beachten.

Die Gründung der Aktiengesellschaft

Die Gründung einer Aktiengesellschaft vollzieht sich nach dem Aktiengesetz im Rahmen eines weitgehend formalisierten Verfahrens, in dessen Verlauf eine Reihe von Dokumenten zu erstellen sind. Ausgehend von der Idee, im Rahmen der Gründung von einer Vielzahl fremder Kapitalgeber (Aktionäre) Kapital einzuwerben, nehmen die Prüfungsberichte von Vorstand und Aufsichtsrat betreffend die ordnungsgemäße Gründung der Gesellschaft dabei eine besondere Rolle ein. Grundsätzlich ist zudem eine Gründungsprüfung durch einen gerichtlich zu bestellenden externen Gründungsprüfer (Sachverständigen) erforderlich. Auch der sogenannten Bankbestätigung (Versicherung der kontoführenden Bank betreffend Einzahlung des Gründungskapitals) kommt eine formale Rolle zu. Letztere entfällt, wenn die Aktionäre anstelle einer Bargründung eine Sachgründung unternehmen, das heißt sie bringen das Gründungskapital nicht in Geld, sondern in geldwerten Vermögenswerten (z.B. Sachanlagevermögen) auf.

Zudem kann eine Aktiengesellschaft im Rahmen einer Umwandlung nach den Regelungen des Umwandlungsgesetzes entstehen. Grundsätzlich kommen dabei sämtliche Umwandlungsmodelle (Ausgliederung/Spaltung zur Neugründung, Verschmelzung zur Neugründung, Formwechsel) in Betracht. In Praxis am häufigsten anzutreffend ist der Formwechsel von der GmbH oder GmbH & Co. KG in eine AG.

Der Vorstand – Lenker und Denker

Der Vorstand der Aktiengesellschaft ist deren Lenker und Denker. Er vertritt die AG nach Außen gegenüber Dritten und ist für die Führung der Geschäfte der Gesellschaft verantwortlich.

Der Vorstand besteht, insbesondere bei wirtschaftlich potenteren Gesellschaften, zumeist aus mehreren Personen. Bedeutsam ist, dass diese Personen von Gesetzes wegen grundsätzlich nur gemeinsam die AG vertreten und nur gemeinsam die Geschäfte der AG führen dürfen. Von diesem Grundsatz darf gleichwohl abgewichen werden.

Im Gegensatz zum GmbH-Geschäftsführer ist der Vorstand einer Aktiengesellschaft nicht weisungsabhängig. Der Vorstand entscheidet grundsätzlich unabhängig vom Willen einzelner Aktionäre, der Hauptversammlung oder des Aufsichtsrates. Lediglich in eng begrenzten Bereichen kommen dem Aufsichtsrat Vetorechte und der Hauptversammlung Entscheidungskompetenzen zu.

Mit der Weisungsfreiheit des Vorstandes hängen entsprechend umfassende Haftungsrisiken der Mitglieder des Vorstandes zusammen. Diese haften gemeinsam / gesamtschuldnerisch mit ihrem Privatvermögen in voller Höhe. Aus Sicht des Vorstandes ist der Umstand kritisch, dass er beweisen muss, dass er sein unternehmerisches Ermessen (business judgement) pflichtgemäß ausgeübt hat.

Der Aufsichtsrat – Kontrolleur und Überwacher

Nach dem Aktiengesetz ist in einer Aktiengesellschaft zwingend ein Aufsichtsrat, der aus mindestens 3 Personen zu bestehen hat, einzurichten. Hintergrund hierfür ist die besondere Kontroll- und Überwachungsfunktion des Aufsichtsrates. Der Weisungsfreiheit des Vorstandes stehen nur marginale Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten gegenüber. Die entsprechende Lücke soll durch den Aufsichtsrat gefüllt werden.

Der Aufsichtsrat (und nicht die Hauptversammlung) ist verantwortlich für die Auswahl, die Bestellung und die Abberufung von Mitgliedern des Vorstandes. Entsprechendes gilt für den Abschluss und die Kündigung der Dienstverträge von Vorstandsmitgliedern.

Im Übrigen obliegt dem Aufsichtsrat die kontinuierliche Kontrolle und Überwachung der Geschäftsleitung durch den Vorstand. Hierzu stehen dem Aufsichtsrat umfassende Einsichts- und Auskunftsrechte zu. So kann der Aufsichtsrat stets und ständig vom Vorstand Auskunft über die Geschäfte der AG ebenso verlangen, wie Einsicht in sämtliche Geschäftsunterlagen der AG. Nach dem Aktiengesetz muss der Aufsichtsrat zudem einen Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte erstellen, bei denen der Vorstand den Aufsichtsrat vorab um Zustimmung ersuchen muss.

Die Mitglieder des Aufsichtsrates werden allein durch Beschluss der Hauptversammlung gewählt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn (einzelnen) Aktionären ein sogenanntes Entsenderecht zusteht oder die Aktiengesellschaft den arbeitnehmerrechtlichen Mitbestimmungsreglungen des Drittelbeteiligungsgesetzes (DrittelbG) oder des Mitbestimmungsgesetzes (MitbestG) unterliegt.

Die Hauptversammlung – Entscheider (nur) in wesentlichen Dingen

Die Hauptversammlung ist die gemeinsame „Stimme“ der Aktionäre als Kapitalgeber und Anteilseigener der Aktiengesellschafter.

Der Hauptversammlung kommt im Gegensatz zur Gesellschafterversammlung der GmbH nur ein arg begrenzter Wirkungsbereich zu. So entscheidet die Hauptversammlung in der ordentlichen (jährlichen) Versammlung gewöhnlich nur über die Verwendung des Jahresergebnisses und die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat.

Im Übrigen ist die Hauptversammlung nur in besonderen Fällen beschlusskompetent, insbesondere betreffend Bestellung/Abberufung des Vorstandes, Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Vorstand/Aufsichtsrat, Bestellung von Sonderprüfern sowie Satzungsänderungen und andere Fälle von wesentlicher Bedeutung für die Gesellschaft (z.B. Kapitalerhöhung, Umwandlung der Gesellschaft). Es ist indes eine leichte Tendenz des Gesetzgebers erkennbar, der Hauptversammlung, u.a. in Fragen der Vorstandsvergütung, mehr Kompetenzen einzuräumen.

Trotz der geringen Entscheidungskompetenzen der Hauptversammlung lieg in der Praxis ein besonderes Augenmerk auf den Beschlüssen der Hauptversammlung. Diese können von jedem einzelnen Aktionär einer gerichtlichen Kontrolle zugeführt werden mit dem Argument, die Beschlüsse verstießen in formeller und/oder materieller Hinsicht gegen zwingendes (Aktien-)Recht. Es liegt auf der Hand, dass für (andere) Aktionäre und die Aktiengesellschaft hierin nicht unerhebliche Missbrauchsrisiken liegen.

Fachanwälte – aktienrechtliche Beratung

Erster Ansprechpartner für Fragen rund um das Aktienrecht sind häufig spezialisierte Fachanwälte, welche regelmäßig von Vorständen, Aufsichtsräten und Aktionären konsultiert werden. Die Besonderheiten des Aktienrechts, dass mit zahlreichen Fallstricken und Haftungsrisiken aufwartet, erfordern dann eine besondere Fachexpertise.