Ein Beitrag von Rechtsanwalt Berthold von Plate, LL.M. (Cape Town)
Mit einem Urteil vom 18.05.2021 (II ZR 41/20) hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass der Abfindungsanspruch eines Gesellschafters, der strittig aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurde, erst mit der rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit seines Ausschlusses zu verjähren beginnt. Der Zeitpunkt des Beginns der Verjährung des Abfindungsanspruchs ist nicht unwichtig, da im Gesellschafterstreit in aller Regel lange Zeit keine Rechtssicherheit über die Fragen der Abfindung herrscht.
Ausgangssituation: jahrelanger Gerichtsstreit über den Ausschluss
Oft bleibt die Wirksamkeit eines Ausschlusses eines Gesellschafters aus wichtigem Grund über Jahre unklar. Das birgt für die Beteiligten viele Unsicherheiten. Eine davon ist die Frage, wann der Gesellschafter, der seinem Ausschluss gerichtlich entgegen tritt, auch seinen Abfindungsanspruch geltend machen muss.
So verhielt es sich in dem vom BGH zu entscheidenden Fall. Im April 2009 fassten die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) einen strittigen Gesellschafterbeschluss über den Ausschluss eines Gesellschafters; gegen diesen setzte sich der ausgeschlossene Gesellschafter jahrelang gerichtlich zur Wehr. Erst nach sechs Jahren mit einem Beschluss des BGH vom 01.12.2015 (II ZR 50/15) stand die Wirksamkeit des Ausschlusses rechtskräftig fest.
In dem noch im Dezember 2015 von dem ausgeschlossenen Gesellschafter eingeleiteten Verfahren auf Zahlung einer Abfindung wurde ihm nun die Einrede der Verjährung entgegen gehalten. Denn die Regel-Verjährung von drei Jahren sei längst abgelaufen. Das sieht der BGH nun anders.
Wichtigem Grund für den Ausschuss oft unklar
Gesellschaftsverträge enthalten oft Regelungen zum Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigem Grund. Dabei werden meist, ohne den wichtigen Grund hierauf zu reduzieren, einzelne Bespiele eines wichtigen Grundes genannt, etwa die Insolvenz eines Gesellschafters oder seine dauernde Berufsunfähigkeit. Solche Beispiele eines wichtigen Grundes lassen sich in der Regel schnell feststellen.
Doch häufig basiert ein Ausschluss nicht auf einem klar definierten Beispielsfall, sondern auf einem Gesellschafterstreit, in dessen Verlauf sich eine oder zuweilen auch beide Parteien auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes für den Ausschluss der anderen Partei beruft. Dann beurteilt sich die Wirksamkeit eines Gesellschafterausschlusses aus der Gesamtbetrachtung, "ob den übrigen Gesellschaftern die weitere Zusammenarbeit mit dem vom Ausschluss betroffenen Gesellschafter zumutbar ist. Eine Entscheidung hierüber erfordert eine umfassende Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer beiden Seiten gerecht werdenden Gesamtabwägung" (so der BGH).
Das Gericht muss aus der Gesamtheit der ihm vorgetragenen Argumente eine Abwägung treffen, "deren Ergebnis auch der Rechtskundige häufig nur schwer vorhersehen kann", so der BGH weiter. In einer solchen Situation ist es dem ausgeschlossenen Gesellschafter nicht zumutbar, bereits im Zeitpunkt des Ausschlusses, gegen den er sich zur Wehr setzt, auch schon die Abfindungsklage zu erheben.
Ausnahme: die Wirksamkeit des Ausschlusses ist offensichtlich
Anders verhält es sich, wenn an der Wirksamkeit des Ausschlusses kein begründeter Zweifel besteht, sondern diese offensichtlich ist. In diesem Fall kann der Gesellschafter nicht den Ausgang seines Klageverfahrens gegen die Wirksamkeit seines Ausschlusses abwarten, sondern muss innerhalb der Regel-Verjährung von drei Jahren auch Klage auf Zahlung einer Abfindung erheben.
Anwaltliche Bewertung und Praxistipps
Der Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigem Grund bringt komplexe und vielfaltige Fragen mit sich. Zumindest für die gerichtliche Durchsetzung seines Abfindungsanspruch springt der BGH dem ausgeschlossenen Gesellschafter nun zu recht bei: Der Gesellschafter kann sich auf den Rechtsstreit gegen die Wirksamkeit seines Ausschlusses konzentrieren, ohne sich dabei um die Verjährung seiner Abfindung sorgen zu müssen.
Diese Sicherheit genießt der ausgeschlossene Gesellschafter nicht, wenn der Ausschluss offensichtlich wirksam erfolgte. Ob diese Ausnahme vorliegt, ist für den vom Ausschluss betroffenen Gesellschafter nicht leicht zu beantworten. Ein mit Gesellschafterstreitigkeiten vertrauter Anwalt wird diese Frage früh im Blick haben und mit dem Mandanten über entsprechende, ggf. auch nur vorsorgliche Maßnahmen sprechen müssen.