Gesellschaftsrecht

Schadensersatz statt Karenzentschädigung, wenn nachvertragliches Wettbewerbsverbot unwirksam

Urteilsanalyse

Mit seiner Entscheidung vom 15. Dezember 2020 (Az: 6 U 172/18) hat dasOberlandesgericht Brandenburg entschieden was mit der vereinbarten Karenzentschädigung geschieht, wenn die Klausel hinsichtlich des Wettbewerbsverbotes unwirksam ist. Für den Fall, dass sich ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot als unwirksam herausstellt, steht dem (ehemaligen) Geschäftsführer danach auch kein vertraglicher Anspruch auf eine zuvor festgelegte Karenzentschädigung zu. Die Klausel aus dem Dienstvertrag, welche den Anspruch auf Entschädigung festlegte, war aufgrund eines Verstoßes gegen § 138 BGB unwirksam, da das im Vertrag vereinbarte Wettbewerbsverbot die Berufsfreiheit der betroffenen Gesellschafterin in unzulässigem Rahmen einschränkte. Sowohl der zeitliche als auch gegenständliche Umfang dessen hatten das notwendige Maß überstiegen.

Allerdings kann ein ehemaliger Geschäftsführer unter Umständen Schadensersatz in Höhe des Betrages verlangen, der ihm als Karenzentschädigung zugesprochen worden war. Dieser Schadensersatzanspruch kann nach §§ 241 I, 280 I BGB geltend gemacht werden. Die Haftbarkeit ergibt sich aus dem Verschulden desjenigen, der den unwirksamen Vertrag mit einem Partner schließt. Von demjenigen, dessen Sphäre das Wirksamkeitshindernis zuzurechnen ist, kann wegen mangelnder Aufklärung des Vertragspartners Schadensersatz verlangt werden.

Vorinstanzen

  • LG Frankfurt (Oder), 18.10.2018, Az: 31 O 26/15

Tatbestand

Die Klägerin verlangt als ehemalige Geschäftsführerin der Beklagten Zahlung einer Karenzentschädigung aus einer Abrede der Parteien über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot.

Die Klägerin war auf Grundlage eines Dienstvertrages vom 05.07.1994 als kaufmännische Geschäftsführerin für die Beklagte, ein kommunales Unternehmen der Stadt E…, tätig gewesen, das im Wesentlichen Wohnungen in ihrem Eigentum errichtet, bewirtschaftet und verwaltet. Für ihre Tätigkeit bei der Beklagten erhielt die Klägerin zuletzt eine monatliche Vergütung in Höhe von 7.669,38 € (15.000 DM) pro Monat, zuzüglich Weihnachtsgratifikation und Ermessenstantieme.

Der Dienstvertrag enthielt unter § 5 die folgende Klausel:

„§ 5 Wettbewerbsverbot, Tätigkeitverbot

(1) Während der Dauer dieses Vertrages sowie der auf seine Beendigung folgenden drei Jahre ist es dem Geschäftsführer nicht gestattet, für eigene oder fremde Rechnung, selbständig oder unselbständig in einem Betrieb tätig zu werden, der gleichartig mit der GmbH ist oder mit ihr in Wettbewerb treten könnte. In gleicher Weise ist es dem Geschäftsführer untersagt, einen solchen Betrieb zu beraten oder gelegentlich zu unterstützen. Er wird sich während des genannten Zeitraumes auch nicht an Geschäften beteiligen, die von der GmbH getätigt werden könnten.

(2) Als Gegenleistung für das dem Geschäftsführer in Absatz 1 auferlegte Tätigkeitsverbot wird die GmbH dem Geschäftsführer für die auf die Beendigung des Anstellungsverhältnisses folgenden 2 (zwei) Jahre eine jährliche Entschädigung in Höhe von 50 vom Hundert der Jahresbezüge zahlen, welche der Geschäftsführer während der letzten drei Jahre vor Beendigung des Anstellungsverhältnisses erhalten hat. Die GmbH wird von dieser Zahlungsfrist insofern frei, wie sie auf die Einhaltung des Tätigkeitsverbotes verzichtet. Der Verzicht ist 3 (drei) Monate vor seinem Inkrafttreten zu erklären.

(3) Für jeden Fall einer Zuwiderhandlung (sic) des Geschäftsführers gegen das Tätigkeitsverbot hat er der GmbH eine Vertragsstrafe in Höhe des Entgelts einer dem Tätigkeitsverbot unterliegenden Tätigkeit zu zahlen."

Gleichzeitig entfällt für die Dauer der Zuwiderhandlung (sic) die von der GmbH nach Absatz 2 zu leistende Entschädigung. Weitergehende Ansprüche der GmbH bleiben unberührt. Das Dienstverhältnis wurde mit Schreiben der Beklagten vom 14.02.2011, der Klägerin am Folgetag zugegangen, fristlos gekündigt. Ab dem 01.08.2011 nahm die Klägerin eine Beschäftigung auf als Geschäftsleiterin für die (X) GmbH, die Leistungen des Facility Managements, Hauswartservice, Grünanlagenpflege und Winterdienst anbietet. Mit Schreiben vom 28.07.2011 erklärte der Geschäftsführer der Beklagten für diese den Verzicht auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots, ihr Aufsichtsrat fasste unter dem 08.08.2011 einen Umlaufbeschluss, durch den der Geschäftsführer um ein entsprechendes Vorgehen „gebeten“ wurde. Wann dieses Schreiben der Klägerin zugegangen ist, ist streitig. Zur Akte gelangt ist auch ein weiteres inhaltsgleiches Schreiben vom 26.07.2011, das allerdings nicht unterschrieben ist. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, nach § 5 Abs. 2 des Dienstvertrages komme ihr als Gegenleistung für das Wettbewerbsverbot ein Anspruch zu auf eine Karenzentschädigung in Höhe ihrer gesamten Bezüge in den Jahren 2008 bis 2010, insgesamt 383.078.39 €. Der Betrag sei in zwei Raten, mit Ablauf des ersten Jahres bzw. zweiten Jahres nach Beendigung des Geschäftsführerdienstverhältnisses zu zahlen. Nach Ablauf dieser Zahlungsfristen sei Verzug eingetreten.

Die Klägerin hat weiter die Ansicht vertreten, die Beklagte habe auf das Wettbewerbsverbot nicht wirksam verzichtet, denn das Schreiben vom 28.07.2011 sei ihr vorgerichtlich nicht zugegangen, sondern nur das nicht unterschriebene Exemplar mit Datum 26.07.2011. Außerdem sei der Verzicht ausgesprochen worden durch den dafür nicht zuständigen Geschäftsführer, der zudem durch den Aufsichtsrat nicht wirksam ermächtigt worden sei. Die Klägerin hat weiter in Abrede gestellt, mit ihrer Tätigkeit für (X) GmbH gegen das im Dienstvertrag vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen zu haben, weil zwischen der Beklagten und ihrem neuen Arbeitgeber bereits aufgrund der unterschiedlichen Geschäftsfelder kein Wettbewerbsverhältnis bestanden habe. Auch trete (X) GmbH auf dem E… Markt nicht auf, dort sei die Beklagte ausschließlich tätig. Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 383.078,39 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz auf jeweils 191.539,20 € seit dem 16.02.2012 sowie dem 16.02.2013 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die Klage sei unschlüssig, weil die Klägerin nach dem Wortlaut des Dienstvertrages Karenzentschädigung allenfalls in Höhe der Hälfte der Vergütung beanspruchen könne, die sie im Durchschnitt der letzten drei Jahre erhalten habe. Zudem habe die Klägerin die Höhe ihrer Gesamtbezüge unrichtig angegeben.

Allerdings stehe der Klägerin eine Karenzentschädigung ohnehin nicht zu, denn sie habe mit Aufnahme ihrer Tätigkeit als Geschäftsleiterin der (X) GmbH gegen das vereinbarte Wettbewerbs- und Tätigkeitsverbot verstoßen. Diese sei ein bundesweit in der Immobilienwirtschaft tätiges Unternehmen, das wie eine ihrer, der Beklagten, Tochtergesellschaften Hauswartdienstleistungen anbiete. Jedenfalls müsse sich die Klägerin den anderweitigen Erwerb aus ihrer Tätigkeit bei der (X) GmbH anrechnen lassen. Eine Karenzentschädigung stehe der Klägerin auch deshalb nicht zu, weil sie, die Beklagte, gemäß Beschluss ihres Aufsichtsrates vom 08.08.2011 wirksam auf das Wettbewerbsverbot verzichtet habe, das entsprechende Schreiben vom 28.07.2011 (Anl. B 6) sei der Klägerin am selben Tag durch Einwurf in ihren Briefkasten durch die Zeugin F… zugegangen. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 29.262,93 € nebst Zinsen seit dem 16.02.2012 stattgegeben.

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.10.2018 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 31 O 26/15 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 43.745,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.03.2015 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 91 % und die Beklagte 9 %. Von den Kosten des Berufungsrechtsstreits haben die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Urteilsgründe

I.

Zur Begründung hat es ausgeführt, § 5 Abs. 2 des Dienstvertrages sei wirksam vereinbart und verstoße nicht gegen gesetzliche Bestimmungen, insbesondere § 74 a HGB. Der Klägerin stehe danach eine Karenzentschädigung zu in Höhe von 50 % der Jahresbezüge, die sie durchschnittlich während der letzten drei Jahre vor Beendigung des Anstellungsverhältnisses erhalten habe. Der Ansicht der Klägerin, ihr stehe eine Entschädigung zu in Höhe der Gesamtsumme aller Bezüge der letzten drei Jahre, sei nicht zu folgen, weil sie dann mehr erhalten würde, als die ihr nach dem Dienstvertrag zu zahlende Vergütung. Die für die Berechnung maßgeblichen Jahresbezüge ermittelten sich aus der monatlichen festen Vergütung in Höhe von 7.669,38 € zuzüglich Weihnachtsgratifikation in derselben Höhe sowie einer Ermessenstantieme in Höhe des Durchschnitts der letzten 3 Jahre, nämlich 27.990,86. Der durchschnittliche Jahresbezug der Klägerin in den letzten drei Jahren des Anstellungsverhältnisses betrage danach 127.692,80 €, davon stünden der Klägerin maximal 50 % zu, mithin 63.846,40 €.

Die der Klägerin zu zahlende Karenzentschädigung sei allerdings für die Zeit ab dem 01.08.2011 auf null zu kürzen, weil die Klägerin seit diesem Zeitpunkt mit ihrer Tätigkeit bei der (X) GmbH dem vereinbarten Wettbewerbsverbot zuwidergehandelt habe. Maßgeblich sei, dass diese, wie eine der Tochtergesellschaften der Beklagten, Hauswartleistungen anbiete. Nach dem Dienstvertrag komme ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot bereits dann in Betracht, wenn der Konkurrenzbetrieb mit ihr noch in Wettbewerb treten könne. Der Klägerin stehe deshalb eine Entschädigung nur für fünfeinhalb Monate zu, mithin in Höhe von 29.262,93 €. Es komme danach nicht darauf an, ob die Beklagte mit Schreiben vom 26. oder 28.07.2011 wirksam auf die Karenzentschädigung verzichtet habe, denn dieser Verzicht könnte erst nach drei Monaten (zum 28.10.2011) Wirkungen entfalten; die Kürzung der Karenzentschädigung wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot greife bereits früher, nämlich zum 01.08.2011. Beide Parteien greifen dieses Urteil mit wechselseitigen Berufungen an.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 22.10.2018 zugestellte Urteil mit am 22.11.2018 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit am 22.01.2019 eingegangenen Schriftsatz begründet. Sie rügt, das Landgericht habe zu Unrecht die Karenzentschädigung nach Maßgabe des Durchschnittsverdiensts der letzten drei Jahre statt des kumulierten Verdienstes berechnet. Der Wortlaut der Vertragsklausel biete dafür keinen Anhaltspunkt. Die Begründung des Landgerichts, wonach eine Karenzentschädigung in Höhe des Gesamtbetrages sie besserstelle als sie unter Geltung des Anstellungsvertrages gestanden hätte, trage nicht. Da das Wettbewerbsverbot für einen Zeitraum von drei Jahren gelte, müsse sie auch für die gesamte Frist entschädigt werden.

Zu Unrecht habe das Landgericht ihr eine Karenzentschädigung nur für fünfeinhalb Monate zugesprochen, denn sie habe sich mit ihrer Tätigkeit für die im Raum B… Hauswartdienstleistungen anbietenden (X) GmbH nicht wettbewerbswidrig verhalten. Die Beklagte selbst erbringe solche Leistungen ohnehin nicht, sondern verwalte ausschließlich in ihrem Eigentum stehende Wohnungen. Lediglich eine ihrer Tochtergesellschaften biete Hauswartdienstleistungen an, allerdings sei diese im maßgeblichen Zeitraum ausschließlich für die Beklagte tätig geworden und dem Markt vollständig entzogen gewesen. Selbst wenn ein Wettbewerbsverhältnis zwischen ihrem neuen Arbeitgeber und der Tochtergesellschaft der Beklagten bestanden hätte, berühre dies den Anspruch auf Karenzentschädigung nicht, denn ihr Geschäftsführeranstellungsvertrag bei der Tochtergesellschaft habe kein Wettbewerbsverbot enthalten. Sollte der Geschäftsbereich der Tochtergesellschaft für den Umfang des Wettbewerbsverbots relevant sein, müsste auch die dort bezogene Vergütung für die Berechnung der Karenzentschädigung herangezogen werden.

Der von der Beklagten angeführte Verzicht auf das Wettbewerbsverbot sei ihr vorprozessual nicht zugegangen. Das als Anlage B 6 vorgelegte (unterzeichnete) Schreiben vom 28.07.2011 sei ihr erst im Verlauf des Rechtsstreits bekannt geworden, vorgerichtlich sei ihr lediglich das nicht unterschriebene Dokument vom 26.07.2011 zugegangen. Dieses habe sie mit Schreiben vom 02.08.2011 zurückgewiesen. Der behauptete Verzicht auf das Wettbewerbsverbot sei auch unwirksam, denn der Beschluss des Aufsichtsrates über die Ermächtigung der Geschäftsführung zum Verzicht auf das Wettbewerbsverbot sei erst nach der entsprechenden Erklärung des Geschäftsführers gefasst worden. Zudem seien die nach der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates einzuhaltenden Regularien für Einberufung und Abstimmung nicht eingehalten. Schließlich sei ihr, selbst unterstellt, das Schreiben vom 28.07.2011 sei ihr zugegangen, der Verzicht auch verspätet erklärt worden, nämlich nicht, wie erforderlich, innerhalb von einem Monat ab Zugang der Kündigungserklärung.

Auf den Hinweis des Senats vom 15.09.2020 , wonach das Wettbewerbsverbot insgesamt unwirksam sein könne, führt die Klägerin ergänzend aus, das Wettbewerbsverbot sei wirksam, insbesondere nicht zu weit gefasst. Aus der maßgeblichen Sicht des Jahres 1994 fehle es insbesondere nicht an einer ausreichenden räumlichen Eingrenzung. Hierzu behauptet die Klägerin: Die Beklagte habe sich im Zeitraum ihrer, der Klägerin, Anstellung vor der Notwendigkeit gesehen, ihren Wohnungsbestand ganz überwiegend zu verkaufen, es sei deshalb ein bundesweites Angebot lanciert worden. Zugleich habe die Beklagte beabsichtigt, ihren Geschäftsbetrieb bundesweit auf die Fremdverwaltung von Wohnungen und auf Bauträgertätigkeit auszudehnen Die Beklagte habe - vor allem aufgrund der kurzen Kündigungsfrist im Geschäftsführeranstellungsvertrag - befürchtet, dass die auswärtigen Wohnungskäufer als Konkurrenten vor Ort sich ihres, der Klägerin, Know-hows versichern und sie abwerben könnten. Dies hätte unbedingt vermieden werden sollen. Das Wettbewerbsverbot sei auch nicht gegenständlich zu weit gefasst, weil der Geschäftsbetrieb der Beklagten im Zeitraum ihrer Einstellung die Vermietung, Verpachtung, Verwaltung, Sanierung, Instandhaltung und Instandsetzung soweit die Wartung von Wohnungen und Bauträgertätigkeit umfasst habe. Erst im Jahr 2005 sei mit Gründung der Tochtergesellschaft eine Konzeptänderung vorgenommen worden. Soweit das Wettbewerbsverbot unwirksam sein sollte, stehe ihr ein Anspruch auf Schadensersatz zu, weil sie sich nach Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages mit Rücksicht auf die Vereinbarung der Parteien der Tätigkeit in einem Immobilienunternehmen enthalten habe. Sie behauptet, die jährlichen Gesamtbezüge eines Geschäftsführers hätten bei vergleichbarer Mitarbeiterzahl wie diejenige der Beklagten zwischen 167.893 € und 237.078 €, bei vergleichbarem Umsatz wie derjenige der Beklagten zwischen 281.208 € und 289.600 € und in vergleichbarer Branche (Immobilie) 103.524 € bis 149.560 € betragen.

Die Klägerin beantragt, unter teilweiser Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 353.815,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz auf 162.276,26 € seit dem 16.02.2012 sowie auf 191.593,19 € seit dem 16.02.2013 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und führt aus, zu Recht habe das Landgericht für die Bemessung der Karenzentschädigung auf den Durchschnittsverdienst der letzten drei Jahre abgestellt. Die Klägerin könne nicht Zahlung von drei Jahresgehältern verlangen, denn es sei die Zahlung einer Karenzentschädigung lediglich für zwei Jahre vereinbart worden. Die Auslegung der streitigen Klausel durch die Klägerin führe deshalb zu einer Überkompensation, sie habe der Klägerin keine höhere Karenzentschädigung zubilligen wollen als ihre übliche Vergütung. Sie habe wirksam auf das Wettbewerbsverbot verzichtet. Ihr Aufsichtsrat habe mit Beschluss vom 08.08.2011 die Erklärung des Verzichts durch die Geschäftsführung genehmigt, im Übrigen habe die damalige Vorsitzende des Aufsichtsrates vor Abgabe der Verzichtserklärung dem Vorgehen zugestimmt. Das Verzichtsschreiben vom 28.07.2011 sei der Klägerin auch zugegangen, indem die Zeugin F… es in deren Briefkasten eingeworfen habe. Das Schreiben sei zuvor in Gegenwart der Botin, Frau F…, eingetütet worden.

Die Ausführungen der Klägerin zur fehlenden Wettbewerbswidrigkeit ihrer Tätigkeit bei der Firma (X) GmbH seien verspätet. Tatsächlich komme dem Arbeitgeber der Klägerin eine Mitbewerberstellung zu, denn sie, die Beklagte, erbringe durch ihre 100 %ige Tochter Dienstleistungen jeglicher Art rund um Immobilien, Grundstücke und bauliche Anlagen auch für Dritte, insbes. Hauswart-, Reinigungs- und Winterdienstleistungen für verschiedenen Firmen und Privatpersonen, bewege sich also auf dem Geschäftsfeld der (X) GmbH. Nach dem Gesellschaftsvertrag sei es ihr, der Beklagten, auch erlaubt, diese Tätigkeiten selbst aufzunehmen, dies habe das Landgericht zu Recht für ein Wettbewerbsverhältnis ausreichen lassen. Soweit die Klägerin nach dem Hinweis des Senats statt eines vertraglichen Anspruches Schadensersatz oder den Ausgleich einer ungerechtfertigten Bereicherung begehre, erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.

Für den Zeitraum 08.02.2011 bis 02.03.2011 sei ein Anspruch auf Schadensersatz oder Ausgleich ungerechtfertigter Bereicherung ohnehin ausgeschlossen, weil sich die Klägerin in diesem Zeitraum in Untersuchungshaft befunden habe, so dass das Wettbewerbsverbot nicht für das Unterlassen einer anderweitigen Beschäftigung kausal geworden sein könne. Zudem habe die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum im Hinblick auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht auf die Wirksamkeit der vereinbarten Karenzregelung vertrauen dürfen. Jedenfalls ab dem 01.08.2011 fehle es an einem Schaden der Klägerin, weil sie ab diesem Tag bei ihrem neuen Arbeitgeber eine Vergütung in mindestens derselben Höhe wie die ihr entgangene Karenzentschädigung erhalten habe. Ein Anspruch aus § 812 BGB sei ohnehin ausgeschlossen, weil sie, die Beklagte, keinen Vermögenswert auf Kosten der Klägerin erlangt habe.

Die Beklagte hat ihrerseits mit am 20.11.2018 eingegangenen Schriftsatz gegen das ihr am 22.10.2018 zugestellte Urteil Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit am 22.01.2019 eingegangenen Schriftsatz begründet. Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von Entschädigung und rügt, das Landgericht sei unrichtig von einem zu hohen Betrag an durchschnittlichen Jahreseinkünften ausgegangen. Für die Berechnung könnten nur die regelmäßigen monatlichen Bezüge in Höhe von 7.669,38 € zugrunde gelegt werden.

Zudem habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass wegen des Wettbewerbsverbots nicht nur die Karenzentschädigung entfalle, sondern die Klägerin auch eine Vertragsstrafe zahlen müsse in Höhe des Entgelts, das die Klägerin für ihre Tätigkeit bei der Firma (X) beziehe. Dieses entspreche mindestens dem Gehalt der Klägerin bei ihr, der Beklagten, in Höhe von 7.669,38 €. Diese Vertragsstrafe falle ab dem 01.08.2011 bis Februar 2013 an und betrage damit insgesamt 122.710,08 €. In Höhe dieser Gegenforderung erklärt die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegenüber der von dem Landgericht der Klägerin zugesprochenen Karenzentschädigung. Die Beklagte beantragt sinngemäß, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Sie verteidigt die Berechnungsgrundlagen des Landgerichts und rügt, die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit einer Vertragsstrafe gehe ins Leere, weil die Firma (X) GmbH weder räumlich noch vom Geschäftsfeld her zu der Beklagten in Wettbewerb stehe. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben über die Behauptung der Beklagten, ihr Schreiben vom 28.07.2011 sei an eben diesem Tage durch die Zeugin F… in den Briefkasten der Klägerin eingelegt worden, durch Vernehmung der Zeugin F…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 15.09.2020 Bezug genommen.

II.

Die Berufungen beider Parteien sind zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO), jedoch ist nur das Rechtsmittel der Klägerin auch teilweise begründet. Nur im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht der Klägerin einen Entschädigungsbetrag zugesprochen unter Heranziehung der Regelung in § 5 des Anstellungsvertrages. Nicht beizutreten ist dem Landgericht allerdings hinsichtlich der Anspruchsgrundlage sowie betreffend die Höhe der von der Beklagten an die Klägerin zu zahlenden Entschädigung. Der Klägerin steht über den vom Landgericht ausgeurteilten Betrag hinaus eine Entschädigungsleistung von insgesamt 43.745,25 € zu. Im Übrigen waren die Rechtsmittel beider Parteien als unbegründet zurückzuweisen, weder hat die Klägerin Anspruch auf eine Karenzentschädigung oder auf Schadensersatz in Höhe von insgesamt 383.0789,39 €, noch war die Klage, wie von der Beklagten beantragt, vollständig abzuweisen.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nur zu einem geringen Teil begründet. Der zulässigen Klage, die insbesondere mit dem Aufsichtsrat das richtige Vertretungsorgan der Beklagten im Rechtsstreit mit der Klägerin als ehemaliger Geschäftsführerin benennt (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.2003 - II ZR 127/01), ist nur in Höhe von insgesamt 43.745,25 € stattzugeben.

A) Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Klägerin kein vertraglicher Anspruch auf Karenzentschädigung zu. Die Klausel in § 5 des Dienstvertrages, die einen Anspruch der Klägerin auf Entschädigung für das ihr auferlegte nachvertragliche Wettbewerbsverbot begründet, ist, wie von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wegen Verstoßes gegen

§ 138 BGB unwirksam, weil das Wettbewerbsverbot in seiner vereinbarten Form die Berufsfreiheit der Klägerin unzulässig einschränkt.

1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterliegt der Geschäftsführer einer GmbH zwar nicht den Schutzvorschriften der §§ 74 ff. HGB. Ein die nachvertragliche Tätigkeit eines Geschäftsführers beschränkendes Wettbewerbsverbot ist vielmehr dann gerechtfertigt, wenn, soweit und solange es zum Schutz des berechtigten Interesses der Gesellschaft erforderlich ist, dass ihr ehemaliger Geschäftsführer die in dem Unternehmen erlangten Kenntnisse und Verbindungen nicht zu ihrem Schaden ausnutzt. Um die Freiheit der Berufsausübung (Art 12 GG) und das berufliche Fortkommen des (ehemaligen) Geschäftsführers nicht unangemessen zu behindern, müssen vertragliche Wettbewerbsverbote allerdings in zeitlicher, örtlicher und gegenständlicher Hinsicht auf das notwendige Maß beschränkt bleiben (BGH, Urteil vom 04.03.2002 - II ZR 77/00; Urteil vom 14.07.1997 - II ZR 238/96). Es ist dabei eine zweistufige Prüfung vorzunehmen: Auf erster Stufe ist zu untersuchen, ob ein berechtigtes Interesse der Gesellschaft für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot besteht. Auf zweiter Stufe hat eine Prüfung der räumlichen, gegenständlichen und zeitlichen Grenzen des Verbots zu erfolgen (Müko-Jaeger/Steinbrück, GmbHG, 3. Aufl., § 35 Rn 371).

2) Ob zu dem für die Bewertung maßgebenden Zeitpunkt des Abschlusses des Dienstvertrages überhaupt ein berechtigtes Interesse der Beklagten an dem Wettbewerbsverbot bestand, ist bereits zweifelhaft, denn die Beklagte war im Jahr 1994 nicht auf dem allgemeinen Markt tätig, sondern verwaltete ausschließlich kommunale Immobilien und solche, die mit einem Restitutionsanspruch belastet waren. Letztlich bedarf diese Frage allerdings keiner Entscheidung, denn das in § 5 des Dienstvertrages enthaltene Wettbewerbsverbot überschreitet sowohl in zeitlicher, als auch in räumlicher und gegenständlicher Hinsicht das zulässige Maß.

a) Bereits die Vereinbarung einer dreijährigen Geltungsfrist für das Wettbewerbsverbot ist unwirksam. Die Dauer eines Wettbewerbsverbotes muss zeitlich beschränkt werden, weil nicht denkbar ist, dass eine Gesellschaft ein rechtlich schützenswertes Interesse an einem zeitlich unbegrenzten Wettbewerbsverbot haben kann. Dabei ist grundsätzlich von einer Geltungsdauer von höchstens zwei Jahren auszugehen, denn es spricht eine Vermutung dafür, dass nach Ablauf von zwei Jahren die aus der früheren Tätigkeit nachwirkenden Verbindungen zu Geschäftspartnern, Lieferanten und Kunden weitgehend erloschen sind. Nur in besonderen Einzelfällen kommt eine Überschreitung dieser Frist in Betracht (Jaeger/Steinbrück, a.a.O., § 35 Rn 374). Solche Gründe sind vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich, insbesondere ist die Beklagte als auf dem Wohnungsimmobilienmarkt tätiges Unternehmen nicht in einer Weise spezialisiert, dass sich ein über die Regelzeit hinausgehendes Verbot rechtfertigen würde.

b) Auch der räumliche Umfang des Wettbewerbsverbotes überschreitet das notwendige Maß. Die Vereinbarung grenzt den räumlichen Wirkungsbereich des Tätigkeitsverbots in keiner Weise ein und erschwert damit nicht lediglich das berufliche Fortkommen der Klägerin in ihrem Tätigkeits- und Erfahrungsbereich, sondern schließt es de facto aus. Es kann allerdings kein schutzwürdiges Interesse der GmbH daran geben, dass der ehemalige Geschäftsführer für eine gewisse Zeit nach Vertragsbeendigung vollständig als Wettbewerber ausgeschaltet wird (OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.12.1998 - 6 U 151/98; vom 08.10.1993 – 16 U 73/92 Rn 7; jew. zit. nach juris; MüKo/Jaeger/Steinbrück, a.a.O., § 35 Rn 378). Eine andere Sichtweise rechtfertigt sich auch nicht aufgrund des ergänzenden Vortrags der Klägerin, die darauf abstellt, dass die Beklagte in der Zeit der Aufnahme ihrer, der Klägerin Tätigkeit die Erweiterung ihres Geschäftsbereiches über den Raum E… hinaus anstrebte, kommunale Wohnungen bundesweit zum Verkauf stellen und selbst bundesweit Wohnungsverwaltungstätigkeit anbieten wollte. Dieser Vortrag ist bereits deshalb ohne Relevanz, weil nur bereits bestehende, nicht zukünftig zu realisierende Interessen der Beklagten die mit einem Wettbewerbsverbot verbundenen Einschränkungen der Berufsfreiheit der Klägerin rechtfertigen könnten. Zudem hat die Beklagte entsprechende Vorhaben bestritten, ohne dass die sich auf die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbot berufende Klägerin für ihre Behauptung einen Beweis angetreten hätte.

c) Schließlich überschreitet auch der gegenständliche Umfang des Wettbewerbsverbotes die erlaubten Grenzen. Der Klägerin sollte es nach § 5 Abs. 1 des Dienstvertrages nicht gestattet sein, für eigene oder fremde Rechnung, selbstständig oder unselbstständig in einem Betrieb tätig zu werden, der gleichartig mit der GmbH ist oder mit ihr in Wettbewerb treten könnte. Sie sollte einen solchen Betrieb auch nicht beraten oder gelegentlich unterstützen dürfen. Der Klägerin war danach jede Art von Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen verboten, ohne dass die Art ihrer Tätigkeit oder ihrer Stellung eingegrenzt worden wäre. Ein Verstoß wäre danach nicht nur dann gegeben, wenn sie wie bei der Klägerin als angestellte leitende Angestellte arbeitete, sondern auch selbständig oder in untergeordneter oder fachfremder Stellung, wie z.B. als Hausmeister, wobei ein aktuelles Wettbewerbsverhältnis zwischen altem und neuen Arbeitgeber der Klägerin noch nicht einmal vorausgesetzt wurde. Ein rechtliches Interesse an einer so weitgehenden Einschränkung der beruflichen Tätigkeit der Klägerin ist nicht erkennbar. Gegenständliche Schutzklauseln sind berechtigt, wenn mit ihnen unter angemessenen Bedingungen verhindert werden soll, dass ein vorübergehend tätig gewesener Geschäftsführer nach seinem Ausscheiden Kunden abzieht, zu denen er sonst aufgrund seiner Tätigkeit für die GmbH Verbindung gewinnen konnte, oder dass er sich sonstige interne Informationen zunutze macht, zu denen er sich nur durch seine zeitweilige Geschäftsführertätigkeit Zugang hat verschaffen können. Die streitgegenständliche Klausel geht unzulässigerweise weit darüber hinaus.

3) Eine geltungserhaltende Reduktion des Wettbewerbsverbotes kommt nicht in Betracht. Ein zu weit gefasstes Wettbewerbsverbot kann zwar unter Umständen - in zeitlicher Hinsicht - durch Verkürzung auf eine zulässige Länge oder eventuell auch in räumlicher Hinsicht durch Beschränkung auf einen bestimmten örtlichen Geltungsbereich auf ein zulässiges Maß reduziert und damit aufrechterhalten werden. Eine Beschränkung scheidet aber aus, wenn das Wettbewerbsverbot, wie vorliegend (auch) dem Gegenstand nach das zulässige Maß überschreitet, weil ansonsten der den Gerichten eingeräumte Gestaltungsspielraum überschritten würde (BGH, Urteil vom 14.07.1997 - II ZR 238/96 Rn 9,10; OLG München, Hinweisbeschluss vom 02.08.2018 - 7 U 2107/18 Rn 14; OLG Hamm, Urteil vom 14.07.2014 - 8 O 131/12 Rn 67; jew. zit. nach juris; Schneider, in: Scholz GmbHG, 11. Aufl. 2014, § 43 Rn 184; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl 2021, § 6 Rn 98).

4) Der Nichtigkeit der Klausel in § 5 des Dienstvertrages steht auch nicht entgegen, dass als Gegenleistung für die Beachtung des Wettbewerbsverbotes eine Karenzentschädigung versprochen worden ist. Zwar muss dem Geschäftsführer einer GmbH, auf den die Regelung des § 74 c HGB nicht zur Anwendung kommt, von Gesetzes wegen eine Karenzentschädigung überhaupt nicht versprochen oder gezahlt werden (BGH, Urteil vom 28.04.2008 - III ZR 11/07 Rn 6; zit. nach juris). Durch die Leistung einer finanziellen Entschädigung lässt sich das Fehlen eines berechtigen Gesellschaftsinteresses allerdings nicht kompensieren (OLG Hamm, Urteil vom 14.07.2014 - 8 U 131/12 Rn 67; zit. nach juris; Altmeppen in: Roth/Altmeppen, a.a.O., § 6 Rn 93 mwN).

B) Der Klägerin kommt allerdings gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz in ausgeurteilter Höhe zu nach §§ 241 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB.

1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann sich derjenige wegen Verschuldens bei Vertragsschluss haftbar machen, der einen von ihm verfassten und verwendeten, aber unwirksamen Vertrag mit seinem Partner schließt. Beruht die Nichtigkeit eines Vertrages auf einem Wirksamkeitshindernis, das der Sphäre einer der Vertragsparteien zuzurechnen ist, kann diese wegen mangelnder Aufklärung des Vertragspartners schadensersatzpflichtig sein (BGHZ 99, 101 Rn 15; 142, 51 31; BGH NJW-RR 2005, 1290 Rn 15; jew. zit. nach juris und m.w.N). Dies gilt auch bei der schuldhaften Verwendung eines nach § 138 Abs. 1 BGB wegen Benachteiligung des anderen Teils sittenwidrigen Vertrages. Auch in einem solchen Fall ist der Haftungsgrund der Verletzung der vorvertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber dem anderen Vertragsteil gegeben, wenn gegenüber dem Vertragspartner Vertrauen auf das Bestehen eines Vertragsverhältnisses erweckt wird (BGH, Urteil vom 28.05.1984 - III ZR 63/83; zit. nach beckonline.de).

Die Voraussetzungen für einen solchen Schadensersatzanspruch sind erfüllt. Die Beklagte hat den bei Anstellung der Klägerin als ihre Geschäftsführerin verwendeten Vertragstext formuliert (wobei sie nach ihrem Vortrag beabsichtigte, die Regelung des § 74 HGB abzubilden) und damit bei der Klägerin zurechenbar das Vertrauen hervorgerufen, dass sie ihr eine Karenzentschädigung zahlt, wenn sie, die Klägerin, nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses bei der Beklagten von der Aufnahme einer Tätigkeit für einen Mitbewerber Abstand nimmt. Dass sie die Aufnahme der unwirksamen Klausel in den Text des Anstellungsvertrages nicht zu vertreten hat, hat die Beklagte nicht geltend gemacht, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB. Einen auf sittenwidrige Schadenszufügung gerichteten Vorsatz setzt die Haftung nicht voraus (BGHZ 99, 101 Rn 15; zit. nach juris).

Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe angesichts der seit Jahren bekannten Rechtsprechung des Bundegerichtshofes zu den Grenzen zulässigere nachvertraglicher Wettbewerbsklauseln auf die Wirksamkeit der zwischen den Parteien getroffenen vertraglichen Vereinbarungen nicht vertrauen dürfen, steht ihrer Haftung nicht entgegen. Die Beklagte hält der Klägerin damit ein Mitverschulden entgegen, das allerdings den Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen nicht von vornherein in Wegfall zu bringen vermag, sondern vielmehr erst nach § 254 BGB zu berücksichtigen ist (BGHZ 99, 101 Rn 17; zit. nach juris).

2) In der Folge kann die Klägerin nach § 249 Abs. 1 BGB Schadensersatz verlangen in Höhe von 43.745,25 €.

a) Der Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss ist grundsätzlich auf Ersatz des sogenannten negativen Interesses gerichtet, d. h., der Geschädigte ist so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte. Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass die Klägerin den Ersatz der ihr infolge der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbotes entgangenen Karenzentschädigung verlangen kann. Dies entspricht zwar dem, was ihr durch die Unwirksamkeit des Vertrages entgangen ist, also dem sog. Erfüllungsinteresse. Nach den Grundsätzen über das Verschulden bei Vertragsschluss kann allerdings auch das Erfüllungsinteresse zu ersetzen sein, wenn nach den Umständen des Einzelfalles feststeht, dass ohne das schuldhafte Verhalten ein anderer, für den Geschädigten günstigerer Vertrag zustande gekommen wäre (BGHZ 99, 101 Rn 15, Urteil vom 01.02.1988 - VII ZR 380/86; Urteil vom 24.06.1998 - XII ZR 126/96 Rn 15ff.; jew. zit. nach juris).

Davon ist hier auszugehen. Zwar kann für die Bemessung des Schadensersatzes wegen Verschuldens bei Vertragsschluss nicht in jedem Fall unterstellt werden, dass der Schädiger, wenn es nicht zu dem inkriminierten Verhalten gekommen wäre, bereit gewesen wäre, den Vertrag zu anderen, für den Geschädigten günstigeren Bedingungen abzuschließen. Dies liefe auf einen grundsätzlich unzulässigen Kontrahierungszwang hinaus. Allerdings ist nach den Gesamtumständen davon auszugehen, dass die Parteien bei Kenntnis der notwendigen Beschränkungen des Wettbewerbsverbots eine gültige Klausel gewählt und zugunsten der Klägerin einen Anspruch auf Karenzentschädigung wirksam begründet hätten. Die Parteien waren vorliegend über die Anstellung der Klägerin als Geschäftsführerin der Beklagten einig, die Frage des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots berührte nur eine für die unmittelbare Tätigkeit der Klägerin nachrangige Pflichtenstellung. Gründe, welche die Beklagte daran gehindert haben könnten, der Klägerin eine Karenzentschädigung auch im Fall eines räumlich, zeitlich und gegenständlich beschränkten Wettbewerbsverbotes zu zahlen, sind nicht erkennbar. Es ist mithin davon auszugehen, dass die Beklagte den auch im Übrigen von ihr selbst entworfenen Vertrag auch dann unterschrieben hätte, wenn das nachvertragliche Wettbewerbsverbot das zulässige Maß nicht überschritten hätte. Dann stünde der Klägerin nach den vertraglichen Regelungen eine Karenzentschädigung zu. Die Klägerin kann deshalb Schadensersatz verlangen in einer Höhe, die der - unwirksam versprochenen - vertraglichen Karenzentschädigung entspricht.

b) Die Höhe der vertraglich vereinbarten Karenzentschädigung hat das Landgericht richtig mit 50 % des durchschnittlichen Jahresnettogehaltes bestimmt, welches die Klägerin in den letzten drei Jahren ihres Anstellungsverhältnisses bezogen hat. Nach der - unwirksamen - vertraglichen Klausel sollte die Beklagte der Klägerin als Gegenleistung für das Wettbewerbsverbot „für die auf die Beendigung des Anstellungsverhältnisses folgenden 2 (zwei) Jahre eine jährliche Entschädigung in Höhe von 50 % der Jahresbezüge zahlen, welche der Geschäftsführer während der letzten drei Jahre vor Beendigung des Anstellungsverhältnisses erhalten hat“. Die Formulierung „50 % der Jahresbezüge“ ist bei der gebotenen Auslegung aus Sicht des objektivierten Empfängerhorizontes dahin zu verstehen, dass für die Bemessung der Durchschnittsverdienst der Klägerin innerhalb der letzten drei Jahre und nicht, wie die Klägerin meint, ihr Gesamtverdienst der letzten drei Jahre maßgeblich sein soll. Anderenfalls wäre die Bezeichnung „Jahres“Bezug obsolet. Dass die Parteien bei Unterzeichnung des Vertrages von einem anderen Verständnis getragen worden sind, hat die Klägerin nicht vorgetragen, auch nicht in Erwiderung auf die Darstellung der Beklagten, sie selbst habe sich von der Regelung des § 74 HGB leiten lassen und habe nicht mehr Karenzentschädigung versprechen wollen, als dort als Mindestbetrag vorgesehen sei.

c) Die Klägerin kann allerdings Schadensersatz wegen entgangener Karenzentschädigung nur für den Zeitraum vom 15.02.2011 bis zum 28.10.2011 verlangen.

aa) Zwar muss sich die Klägerin hinsichtlich der Unwirksamkeit der in Rede stehenden Klausel zum Wettbewerbsverbot kein die Ersatzpflicht der Beklagten minderndes oder ausschließendes Mitverschulden anrechnen lassen, § 254 BGB. Unstreitig geht der Text der unzulässigen Klausel auf die Formulierung eines Mitarbeiters der Beklagten zurück, der die Regelung des § 74 HGB nachbilden wollte. Dass die Klägerin Einfluss auf die Formulierung genommen hätte, ist nicht erkennbar. Entgegen der Ansicht der Beklagten hätte die Klägerin auch die Unwirksamkeit der inkriminierten Klausel nicht erkennen müssen, auch wenn die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäftsführerdienstvertrages in Fachkreisen seit langem bekannt war. Dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Dienstvertrages über entsprechendes juristisches Fachwissen verfügte, ist aber weder erkennbar noch aufgrund ihrer Tätigkeit für die Beklagte zu erwarten.

bb) Entgegen der Ansicht der Beklagten muss sich die Klägerin auch einen Abzug nicht für den Zeitraum gefallen lassen, in dem sie sich in Untersuchungshaft befunden hat. Nach der Vereinbarung in dem Anstellungsvertrag stand der Klägerin ein Anspruch auf Karenzentschädigung zu zum Ausgleich dafür, dass ihr ein Tätigkeitsverbot in einem anderen Unternehmen auferlegt worden ist, das mit ihr gleichartig ist oder in Wettbewerb mit ihr treten könnte. Die Klausel setzte mithin nicht voraus, dass der Klägerin das Angebot eines solchen Mitbewerbers der Beklagten tatsächlich vorlag und sie auf die Aufnahme dieser Tätigkeit verzichtete. Vielmehr war die Karenzentschädigung unabhängig von einem solchen aktiv geübten Verzicht seitens der Klägerin zu zahlen. Mithin kann es für die Frage des Schadensersatzes, durch den die Klägerin so gestellt werden soll, wie sie ohne das schädigende Ereignis stünde, nicht darauf ankommen, ob sie in einem Teilzeitraum, für den sie Entschädigung beansprucht, überhaupt die Gelegenheit gehabt hätte, sich dem Wettbewerbsverbot widersprechend zu verhalten. Erst recht kommt es auf den Grund der Untersuchungshaft nicht an und auch nicht darauf, dass das Anstellungsverhältnis zu der Beklagten durch fristlose Kündigung beendet worden ist. Denn die Parteien haben, wie weithin üblich praktiziert, einen Ausschluss der Karenzzahlungspflicht der Beklagten für den Fall, dass das Anstellungsverhältnis unter solchen, der Klägerin zuzurechnenden Umständen bzw. aufgrund außerordentlicher Kündigung seitens der Beklagten endet, gerade nicht im Dienstvertrag vereinbart.

cc) Die Klägerin kann die Zahlung von Schadensersatz aber nur in der Höhe verlangen, die der Zahlung von Karenzentschädigung vom 16.02.2011 (dem auf den Tag des Zugangs der fristlosten Kündigung des Dienstvertrages folgenden Tag) bis zum 28.10.2011 entspricht. Wäre das Wettbewerbsverbot wirksam vereinbart worden, hätte sie nur bis zu diesem Tag Karenzentschädigung erhalten. Über den 28.10.2011 hinaus ist die Pflichtverletzung der Beklagten mithin für den der Klägerin entstandenen Schaden nicht kausal geworden.

(1) Die Klägerin hätte im Fall eines wirksamen Wettbewerbsverbots die Zahlung von Karenzentschädigung durch die Beklagte nur bis zu 28.10.2011 verlangen können. Denn ihr war am 28.07.2011 ein Schreiben der Beklagten vom selben Tag zugegangen mit der Erklärung, dass diese auf das Wettbewerbsverbot verzichtet. Dieser Verzicht hätte auch zum Wegfall des Anspruches auf Karenzentschädigung geführt, denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann sich die Gesellschaft von der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots einschließlich der Zahlung einer Karenzentschädigung einseitig lösen (BGH, Urteil vom 28.04.2008 - II ZR 11/07 Rn 6; Urteil vom 04.03.2002 - II ZR 77/00; Urteil vom 17.02.1992 - II ZR 140/91; jew. zit. nach juris). Nach § 5 Abs. 2 Satz 3 des Anstellungsvertrages trat die Wirkung dieses Verzichts drei Monate nach seiner Erklärung, also zum 28.10.2011, ein.

(2) Dass die im Schreiben vom 28.07.2011 enthaltene - empfangsbedürftige - Verzichtserklärung der Beklagten der Klägerin am selben Tag zugegangen ist, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest. Die im Termin am 15.09.2020 (Bl. 278) vernommene Zeugin F… hat bekundet, als Mitarbeiterin der Beklagten ein vom Geschäftsführer der Beklagten unterschriebenes Schriftstück, in dem der Verzicht auf ein Wettbewerbsverbot erklärt worden sei, am 28.07.2011 in den Briefkasten der Klägerin eingeworfen zu haben. Ihr sei das mit Unterschrift versehene Schriftstück zuvor gezeigt worden. Über die Zustellung habe sie ein Protokoll erstellt und dieses sodann unterschrieben (Anl. B 7).

Gründe, an der überzeugenden Darstellung der Zeugin zu zweifeln, bestehen nicht, insbesondere ist im Hinblick darauf, dass die Zeugin in derselben Straße wohnt, wie zum damaligen Zeitpunkt auch die Klägerin und sie die Klägerin als ehemalige Geschäftsführerin ihrer Arbeitgeberin kannte, auch nachvollziehbar, dass sie ihre Erinnerung trotz des Zeitablaufes noch plastisch wiedergeben konnte. Der Überzeugungsbildung des Senats kann nicht der Vortrag der Klägerin entgegenstehen, es habe sich am 28.07.2011 lediglich ein - nicht unterschriebener - Entwurf vom 26.07.2011 in ihrem Briefkasten aufgefunden und dies habe sie gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 02.08.2011 gerügt. Diesen Vortrag hat die Beklagte bestritten.

Die Klägerin hat im Nachgang zu der Beweisaufnahme vor dem Senat erstmals im Schriftsatz vom 24.11.2020 Beweis für ihre Behauptung angetreten, dass ihr Ehemann am 28.07.2011 in ihrem Briefkasten ein - nicht unterschriebenes - Schreiben der Beklagten vom 26.07.2011 aufgefunden hat, unter Berufung auf das Zeugnis ihres Ehemanns. Dieser Beweisantritt der Klägerin ist nach §§ 296 Abs. 2, 525 ZPO zurückzuweisen, weil die Zulassung nach der Überzeugung des Senats die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

Dieses Vorbringen ist verspätet, denn es verletzt die der Klägerin nach § 282 Abs. 1 ZPO obliegende Prozessförderungspflicht. Danach hat eine Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere auch Beweismittel, so rechtzeitig vorzubringen, wie nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Dies hätte es erfordert, Beweis für das Auffinden nur des nicht unterschriebenen Schriftstückes spätestens auf den Zugang der Verfügung des Senats vom 06.08.2020 hin anzubieten, mit dem den Parteien die Ladung der Zeugin F… zu dem vorläufigen Beweisthema: „Zustellung des Schreibens des Aufsichtsrates der Beklagten vom 28.07.2011 an die Klägerin“ bekanntgegeben worden ist. Der Senat hätte dann den nunmehr von der Klägerin zum Beweis ihrer Gegenbehauptung benannten Ehemann als Zeugen zu dem Termin am 15.09.2020 noch laden und dann im Termin zur Beweisaufnahme vernehmen können.

Die Berücksichtigung des erst nach dem Termin in dem nachfolgend angeordneten schriftlichen Verfahren erfolgten Beweisantritts würde zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen, weil die mündliche Verhandlung wiedereröffnet werden müsste und der Rechtsstreit sonst entscheidungsreif ist. Die Verspätung beruht auch auf grober Nachlässigkeit, denn bereits in der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 11.10.2018 hat die Klägerin den Zugang des unterschriebenen Schreibens Anlage B 6 streitig stellen lassen; die Relevanz dieses Vortrags ergab sich spätestens mit dem Hinweis des Senats vom 18.05.2020, mit dem der Beklagten Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu dem in das Wissen der Zeugin F… gestellten Tatsachen in Bezug auf den Inhalt und die Zustellung des Schreibens vom 29.07.2011 gegeben worden ist.

Entsprechendes gilt für den ebenfalls im Schriftsatz vom 24.11.2020 erstmals enthaltenen Vortrag nebst Beweisantritt der Klägerin, ihr Schreiben vom 02.08.2011 (Anl. BB4), mit welchem das ihr - ihrer Behauptung nach - am 28.07.2011 zugestellte nicht unterschriebene Schriftstück (Anl. B 2) gegenüber der Beklagten zurückgewiesen worden sein soll, sei am selben Tag durch ihren Prozessbevollmächtigten im Büro der Beklagten abgegeben worden (Beweis: Zeugnis ihres Prozessbevollmächtigten). Bereits mit Schreiben vom 01.09.2020 hatte die Beklagte den Erhalt dieses Schriftstückes bestritten, wobei unschädlich ist, dass dort fehlerhafterweise von einem Schreiben vom 07.08.2011 die Rede ist, denn ein Schreiben der Klägerin dieses Datums ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Zudem bezog sich der Schriftsatz der Beklagten vom 01.09.2020 auf den Schriftsatz der Klägerin vom 17.08.2020, indem erstmals die Zurückweisung des nicht unterschriebenen Schreibens vom 26.07.2011 durch Schreiben vom 02.08.2011 angesprochen worden ist. Der Prozessförderungspflicht der Klägerin hätte es deshalb entsprochen, spätestens in der mündlichen Verhandlung am 15.09.2020 ihren Beweisantritt vorzubringen; da ihr Prozessbevollmächtigter anwesend war, hätte der Beweis unmittelbar erhoben werden können. Eine Berücksichtigung dieses Beweisantritts würde ebenfalls eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung voraussetzen und den Rechtsstreit entgegen den Vorgaben der §§ 282 Abs. 1, 296 Abs. 2, 525 ZPO verzögern.

(3) Mit Zugang des Schreibens vom 28.07.2011 stand der Klägerin ein Anspruch auf Fortzahlung der Karenzentschädigung über den 28.10.2011 hinaus nicht mehr zu. Das Schreiben nimmt Bezug auf § 5 des Dienstvertrages, in dem in Absatz 2 als Gegenleistung für das in Absatz 1 auferlegte Tätigkeitsverbot eine Entschädigung versprochen wird. Mit Verzicht auf das Wettbewerbsverbot entfällt deshalb gleichzeitig die Zahlung der dafür versprochenen Gegenleistung, der Karenzentschädigung.

(4) Die Einwände der Klägerin gegen die Wirksamkeit der Verzichtserklärung greifen nicht durch. Der Verzicht ist zunächst nicht verspätet erklärt worden, denn es ist nicht erkennbar, dass die Parteien, wie die Klägerin behauptet, vereinbart hätten, das der Verzicht auf das Wettbewerbsverbot nur innerhalb eines Monats nach Kündigung des Dienstvertrags ausgesprochen werden kann. Auch die Erklärung des Verzichts selbst war wirksam, denn der Verzicht ist der Klägerin gegenüber durch den Geschäftsführer der Beklagten ausgesprochen worden, der die Beklagte nach § 35 GmbHG allgemein vertritt und der dazu durch den die Beklagte im Verhältnis zur Klägerin vertretenden Aufsichtsrat wirksam authorisiert worden ist.

Schließlich sind auch die von der Klägerin behaupteten Mängel der Willensbildung und -entäußerung durch den Aufsichtsrat nicht festzustellen, wobei hier dahinstehen kann, ob die Klägerin sich rechtswirksam überhaupt darauf berufen kann.

Mit dem Beschluss des Aufsichtsrats vom 08.08.2011 liegt eine Entscheidung des zuständigen Organs der Beklagten über den Verzicht auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots vor. Der Einwand der Klägerin, der Beschluss enthalte lediglich eine Bitte des Aufsichtsrates an den Geschäftsführer, einen solchen Verzicht auszusprechen, trägt nicht. Denn Voraussetzung für eine entsprechende Bitte bzw. Ermächtigung des Geschäftsführers, eine Erklärung dieses Inhalts für die Beklagte abzugeben, ist, dass der Aufsichtsrat als zuständiges Organ eine entsprechende Entscheidung getroffen hat. Diese ist in der nach dem Wortlaut des Beschlusses an den Geschäftsführer gerichteten Bitte enthalten, die Entscheidung gegenüber der Klägerin bekanntzugeben.

Dass dieser Beschluss vom 08.08.2011 datiert - mithin erst nach der Erklärung des Verzichts auf das Wettbewerbsverbot durch den Geschäftsführer der Beklagten gegenüber der Klägerin am 28.07.2011 - ist ebenfalls unschädlich, ohne dass es darauf ankommt, ob, was die Klägerin in Zweifel gezogen hat, die Aufsichtsratsvorsitzende vor Abgabe dieser Erklärung durch den Geschäftsführer zugestimmt hat und die weiteren Voraussetzungen nach § 12 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates vorgelegen haben. Denn jedenfalls ist in der Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat vom 08.08.2011 (mit der dafür notwendigen Mehrheit der abgegebenen Stimmen) eine Genehmigung dieses Vorgehens durch den Aufsichtsrat als zuständiges Organ zu sehen, durch die der Verzicht jedenfalls Wirksamkeit erlangt (vgl. BGH, Beschluss vom 14.05.2013 - II ZB 1/11 Rn 22; zit. nach juris).

Auch soweit die Klägerin die Beschlussfassung wegen der Beteiligung der Aufsichtsratsmitglieder im Umlaufverfahren für unwirksam hält, ist ihr nicht zu folgen. § 9 Abs. 2 Unterabsatz 3 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten in der Fassung vom 17.03.2009 (Bl. 229 GA) in Verbindung mit § 9 der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats der Beklagten in der Fassung vom 24.06.2010 (Bl. 295 GA) sieht die Möglichkeit von Umlaufbeschlüssen ausdrücklich vor, und zwar ohne Einschränkung betreffend einzelner Sachgebiete. Der Aufsichtsrat der Beklagten durfte mithin auch über das Wettbewerbsverbot der Klägerin im Umlaufverfahren abstimmen.

Die unter Bezugnahme auf die von der Beklagten vorgelegte Anlage B1 erhobene weitere Rüge der Klägerin, es seien nicht alle neun Aufsichtsratsmitglieder mit dem Beschluss befasst worden, ist nicht nachvollziehbar: Die vorgelegte Ablichtung des Beschlusses zeigt fünf Unterschriften von Aufsichtsratsmitgliedern, die der Beschlussvorlage zugestimmt haben. Für den Fall verweigerter Zustimmung war eine Unterschrift nicht zu leisten. Deshalb lässt sich aus dem Fehlen der Unterschriften von vier Aufsichtsratsmitgliedern nicht der Schluss ziehen, dass diese an der Beschlussfassung nicht beteiligt worden sind.

Schließlich greift auch die Rüge der Klägerin nicht durch, es fehle an der Feststellung des Beschlussergebnisses, denn eine solche wird für Beschlüsse des Aufsichtsrates weder gesetzlich noch in den maßgeblichen Satzungen der Beklagten vorausgesetzt.

Auf die weiteren Rügen der Klägerin im Schriftsatz vom 27.10.2020 und 24.11.2020 kam es nicht an, denn diese sind erkennbar ins Blaue hinein erhoben, indem die Klägerin die Be-stimmungen des Gesellschaftsvertrages und der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates zitiert und deren Einhaltung damit zugleich als bestritten ansehen möchte. Dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese Verfahrensregeln im vorliegenden Fall nicht eingehalten worden sind, ist nicht erkennbar. Es kann dahinstehen, ob sich die Klägerin als nicht dem Aufsichtsrat angehörende Dritte auf entsprechende Verfahrensmängel überhaupt berufen kann.

d) Im Ergebnis steht der Klägerin Schadensersatz wegen entgangener Karenzvergütung vom 15.02.2020 bis zum 28.10.2020 (für 255 Tage) in Höhe von insgesamt 43.745,25 € zu. Dies ergibt sich aus folgender Berechnung:

Die Klägerin hat zum Beleg der ihr ausgezahlten Vergütung in der Berufungsinstanz Ablichtungen ihrer elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen für die Jahre 2008 bis 2010 vorgelegt (BL. 200-202), die für das Jahr 2008 Bezüge in Höhe von brutto 155.157,56 €, für das Jahr 2009 in Höhe von 152.445,56 € und für das Jahr 2010 in Höhe von 167.784,32 € belegen. Davon sind, wie die Beklagte mit ihrer Abrechnung (Anl. B 8) - von der Klägerin nicht angegriffen - dargelegt hat, die jeweils an die Klägerin für ihre Tätigkeit bei den Tochtergesellschaften der Beklagten, der (Y) GmbH und der (Z) GmbH gezahlten Zulagen in Höhe von monatlich je 1.278,23 € (jährlich je Tochtergesellschaft 15.338,76 €) in Abzug zu bringen, denn diese Tätigkeit beruhte auf eigenständigen Verträgen der Klägerin mit den Tochtergesellschaften, aufgrund derer der Klägerin Karenzentschädigung nicht zusteht. Es verbleiben für die Ermittlung der durchschnittlichen Vergütung der Klägerin in den letzten drei Jahren ihres Anstellungsverhältnisses zu berücksichtigende Einkünfte von 121.923,58 (2008), 119.211,58 (2009) und 134.550,34 (2010), woraus sich ein Jahresdurchschnittsverdienst von 125.228,50 € errechnet, der in zwei jährlichen Raten von je 62.614,25 € an die Klägerin auszuzahlen war.

Für 255 Tage entgangene Karenzentschädigung stehen der Klägerin mithin 62.614,25 € : 365 Tage = 171,55 €/Tag x 255 Tage, also 43.745,25 € zu.

C) Die Klägerin kann über diesen Betrag hinausgehende Ansprüche gegenüber der Beklagten im Zusammenhang mit dem dienstvertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbot nicht beanspruchen. Insbesondere besteht kein Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB). Denn die Beklagte hat bestritten, dass sie durch das nachvertragliche Unterlassen der Klägerin einen Vermögenszuwachs erlangt hat, dem ist die Klägerin nicht entgegentreten.

D) Der Zinsanspruch gründet sich auf §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Klägerin kann nicht Schadensersatz wegen entgangener Zinsen in Höhe des von ihr geltend gemachten Verzugszinses seit dem 16.02.2011 beanspruchen, weil dieser Zinsanspruch nicht begründet war. Entgegen der Ansicht der Klägerin fehlte es nämlich an einer kalendermäßigen Bestimmung des Leistungszeitpunktes, weil § 5 Abs. 2 des Dienstvertrages lediglich bestimmt, für welche Perioden eine Karenzentschädigung zu zahlen sein sollte, ohne den Zahlungstermin festzulegen.

Die ebenfalls zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz ist weder verjährt, noch um die von ihr bei der Firma (X) GmbH ab dem 01.08.2011 erlangte Vergütung zu vermindern. Schließlich greift auch die Aufrechnung der Beklagten mit dem auf § 5 Abs. 3 Satz 1 gestützten Vertragstrafenanspruch nicht durch.

A) Der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss ist nicht verjährt. Zwar hat die Klägerin ihre Klage erstmals mit Schriftsatz vom 27.10.2020 auf diesen Rechtsgrund gestützt, nachdem sie zuvor vertragliche Ansprüche geltend gemacht hatte. Die dreijährige Verjährungsfrist für den Schadensersatzanspruch (§ 195 BGB) war allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollendet, weil die mit Klageerhebung eingetretene Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) des vertraglichen Anspruches auch für den Anspruch auf Schadensersatz gilt, der aus demselben Grund wie der vertragliche Anspruch an seiner Stelle gegeben ist (§ 213 ZPO).

B) Der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz verringert sich auch nicht durch die von ihr für ihre Tätigkeit ab dem 01.08.2011 bei der Firma (X) GmbH bezogene Vergütung. Da die Klägerin schadensrechtlich so zu stellen ist, wie sie ohne das schädigende Verhalten der Beklagten gestanden hätte, käme eine Anrechnung der von ihr bei der Firma (X) GmbH bezogenen Vergütung nur in Betracht, wenn diese auch auf die Bemessung einer vertraglichen Karenzentschädigung Einfluss gehabt hätte. Dies ist nicht der Fall.

Unterliegt ein Geschäftsführer einem Wettbewerbsverbot gegen Zahlung einer Karenzentschädigung, ist dasjenige, was er in dieser Zeit anderweitig durch die Verwendung seiner Arbeitskraft erlangt, auf die ihm versprochene Entschädigung nur anzurechnen, sofern dies zwischen den Parteien vereinbart ist. § 74 c HGB, der eine entsprechende Anrechnung für Handlungsgehilfen normiert, kommt auf Geschäftsführer nicht zur Anwendung und auch der Zweck der Entschädigung gebietet es nicht, anderweitigen Erwerb stets anzurechnen. Leistungen Dritter lassen vertragliche Verpflichtungen grundsätzlich unberührt (BGH, Urteil vom 28.04.2008 - II ZR 11/07 Rn 7, 8; zit. nach juris).

Die Parteien hatten in § 5 Abs. 3 Satz 2 des Dienstvertrags der Klägerin eine Anrechnung anderweitigen Erwerbs nur für den Fall vorgesehen, dass die Klägerin gegen das in Abs. 1 vereinbarte Tätigkeitsverbot verstößt. Dem Landgericht ist allerdings nicht darin beizutreten, dass ein solcher Verstoß festgestellt werden kann.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist nach ihrem Gesellschaftsvertrag (§ 2, Anl. B 9) im Wesentlichen die Vermietung von Wohnungen. Soweit dazu erforderlich, beschafft, errichtet, bewirtschaftet und verwaltet sie Wohnraum, betreibt, sofern erforderlich, den Abriss oder Rückbau und erhält oder versetzt den von ihr verwalteten Wohnungsbestand in einen zeitgemäßen, den Wohnbedürfnissen entsprechenden Zustand. Die Firma (X) GmbH, bei der die Klägerin seit dem 01.08.2011 tätig ist, befasst sich hingegen mit Hausmeistertätigkeiten und infrastrukturellen Dienstleistungen, wie Grünanlagenpflege, Hauswart- und Winterdiensten. Diese Aufgaben nimmt die Beklagte nicht wahr, vielmehr hat sie diesen Geschäftsbereich einer 100 %igen Tochtergesellschaft übertragen. Zwar war die Klägerin Geschäftsführerin auch dieser Tochtergesellschaft, allerdings unterlag sie im Hinblick auf diese Tätigkeit keinem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot und auch die streitgegenständliche Vertragsklausel erstreckt das nachvertragliche Tätigkeitsverbot nicht auf Geschäftsfelder, auf denen Tochtergesellschaften der Beklagten tätig sind. Dass die Klägerin gegebenenfalls Hausmeistertätigkeiten auch durch eigene Mitarbeiter ausführen könnte bzw. dürfte, begründet eine aktuelle Mitbewerberstellung zu der Firma (X) nicht. Entsprechend muss sich die Klägerin das bei der Firma (X) ab dem 01.08.2011 erzielte Einkommen nicht auf den Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten anrechnen lassen.

C) Schließlich führt, entgegen der Auffassung der Beklagten, auch ihre Hilfsaufrechnung mit einem Anspruch auf Vertragsstrafe nach § 5 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrages nicht zum Erlöschen des Zahlungsanspruches der Klägerin (§ 389 BGB), denn es fehlt an einem aufrechenbaren Gegenanspruch der Beklagten. Die Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots erfasst auch die damit im Zusammenhang stehenden Regelungen, so dass auch eine Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung einer Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das Tätigkeitsverbot nicht wirksam begründet worden ist. Im Übrigen fehlte es, wie dargelegt, auch an dem von der Beklagten vorgetragenen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 BGB, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit gründet sich auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil der Sache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordern, § 543 Abs. 2 ZPO.