Gesellschaftsrecht

Geld ist Trumpf im Gesellschafterstreit

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Michael Demuth LL.M. (Cape Town), Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Mediator

Gesellschafterstreitigkeiten werden oft mit aller Härte geführt und haben für die Parteien nicht selten existenzielle Bedeutung. Wer dabei die Oberhand behält hängt oft nicht allein - und manchmal gar nicht - von der Rechtslage ab, sondern wer der wirtschaftlich Stärkere ist, denn die Auseinandersetzung fordert oft in kürzester Zeit erhebliche Geldmittel. Die wirtschaftliche Stellung der Parteien ist deshalb bei der Festlegung der Strategie in der Auseinandersetzung von zentraler Bedeutung.

Faktor Geld wird bei der juristischen Auseinandersetzung im Gesellschafterstreit oft unterschätzt

Der im Konflikt befindliche Gesellschafter sieht oft allein auf die Rechtslage. Sieht er sich im Recht, wähnt er sich am Ziel. Die alte Weisheit, wonach Recht haben nicht gleichzusetzen mit Recht bekommen ist, gilt im Gesellschafterstreit in besonderem Maße. Dies liegt zum einen an dem hohen Aufwand, der für die rechtliche Analyse und die oft umfangreichen notwendigen Maßnahmen erforderlich ist, und zum anderen daran, dass diese Streitigkeiten regelmäßig mit hoher Geschwindigkeit geführt werden, sodass die erforderlichen Mittel innerhalb von kürzester Zeit zur Verfügung stehen müssen.

Die Kostentreiber im Gesellschafterstreit

Wesentlicher Treiber der Kosten im Konflikt von Gesellschaftern sind die Anwaltskosten. In diesem Bereich wird praktisch ausschließlich auf Stundenbasis von hoch spezialisierten Anwälten zu entsprechenden Stundensätzen gearbeitet. Dabei erfordert zunächst die sorgfältige Analyse der Ausgangssituation, insbesondere die juristische Einwertung der zentralen gesellschaftsrechtlichen Dokumente wie Satzung, Gesellschaftervereinbarungen und Geschäftsführungsordnungen, regelmäßig einen hohen Aufwand und sodann sind die in Betracht kommenden rechtlichen Möglichkeiten zu identifizieren und Chancen und Risiken abzuwägen.

Die Vorbereitung der rechtlichen Dokumentation für gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, wie umfangreiche Informationsverlangen, Gesellschafterbeschlüsse über Entzug von Geschäftsführungsbefugnissen oder Gesellschafterausschlüssen, sowie die Einleitung von Gerichtsverfahren, regelmäßig im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, erfordern wiederum erheblichen Aufwand und entsprechende Geldmittel.

Sind die Streitwerte hoch, zum Beispiel beim Streit über den Ausschluss von Gesellschaftern aus wertvollen Unternehmen, explodieren auch die Gerichtskosten und die Risiken für die Kostenübernahme der Anwaltskosten der Gegenseite im Falle des Unterliegens.

Zwei Seiten einer Medaille

Die regelmäßig hohen Kosten eines Gesellschafterstreits haben eine hohe strategische Bedeutung in der Beratung. Einerseits sind sie ein limitierender Faktor für den wirtschaftlich schwächeren Kontrahenten. Dieser muss seine Ziele und die Mittel zur Erreichung der Ziele seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten anpassen. Das kann bedeuten, die Ziele deutlich niedriger zu setzen, als es die Rechtslage hergeben könnte, wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden können.

Andererseits kann die wirtschaftlich überlegene Stellung auch ausgenutzt werden, um gezielt auch berechtigte Forderungen abzuwehren. Umfangreiche Auskunftsansprüche, Bombardement mit Papier und langwierige Gerichtsverfahren, unabhängig von den Erfolgsaussichten, sind Mittel, die in der Praxis eingesetzt werden, um vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Überlegenheit die eigene Rechtsposition durchzusetzen.

Die disziplinierende Wirkung der Kosten des Streits

Oft sind die Gesellschafter am Anfang einer Auseinandersetzung nicht kompromissbereit und vertreten Maximalpositionen. Die erheblichen Kosten des Streits sind nicht selten der ausschlaggebende Faktor, der die Streitenden nach einvernehmlichen Lösungen suchen lässt und Vergleichsbereitschaft erzeugt.

Erfahrungsgemäß ist der bloße Hinweis auf die drohenden Kosten am Anfang regelmäßig nicht ausreichend. Dies hat wohl auch einen psychologischen Hintergrund. So scheint es für die Streitenden oft notwendig zu sein, die eigene Position erst einmal mit allem juristischem Nachdruck dem Gegner vor Augen geführt zu haben, bevor eine rationale Kosten-Nutzen-Betrachtung möglich ist und die hohen Kosten den etwas Kampfgeist etwas dämpfen.

Insoweit ist es bei der Auseinandersetzung mit einem verhärteten Gegner oft auch ratsam, diesen sich erst einmal abarbeiten zu lassen und dann später vor dem Hintergrund steigenden Kostendrucks in ernsthafte Verhandlungen einzusteigen.

Rechtzeitige Abstimmung von Strategie und Möglichkeiten

Es ist angesichts der hohen strategischen Bedeutung der wirtschaftlichen Ausgangslage der Parteien sehr wichtig, dass diese ganz am Anfang der Beratung offen thematisiert wird. Es ist in hohem Maße kontraproduktiv mit viel Elan einen Weg in der Auseinandersetzung einzuschlagen, der am Ende finanziell nicht durchgehalten werden kann und dann zu faulen Kompromissen zwingt. Dies ist allerdings für den Berater oft schwer zu vermitteln, wenn die materielle Rechtslage doch eigentlich günstig erscheint und der Betroffene sich (zu recht) im Recht fühlt.

Aber auch der finanziell unterlegene Kontrahent ist nicht immer völlig schutzlos im Konflikt, wenn er eine Strategie hat, die zu seinen Mitteln passt. Verzögern, mit geringem Aufwand gesetzte Nadelstiche an Stellen, an denen es weh tut, das Zusammengehen mit Verbündeten können wirksame Wege darstellen, um die eigene Position am Ende auch gegen einen materiell überlegenen Gegner erfolgreich zu verteidigen.

Wichtig ist, dass mit dem begleitenden Anwalt bereits am Anfang eine langfristige Konfliktstrategie abgestimmt wird, die zur eigenen Situation passt. Auch die Ziele sollten dabei realistisch gesetzt und konsequent verfolgt werden.

Anwaltliche Bewertung und Praxistipps

Gesellschafterstreitigkeiten sind oft von existenzieller Bedeutung. Nicht selten sind sie hoch emotional. Umso wichtiger ist es, kühlen Kopf zu bewahren und zusammen mit dem begleitenden Anwalt eine tragfähige Konfliktstrategie zu erarbeiten. Diese muss zwingend als einen der wichtigsten Eckpfeiler das wirtschaftliche Kräfteverhältnis der Parteien berücksichtigen.

Ein im Gesellschafterstreit erfahrener Anwalt wird dies berücksichtigen und mit dem Mandanten offen über die Kosten der in Frage kommenden Maßnahmen sprechen. Die Beratung im Gesellschafterstreit erfordert dabei viel mehr als die bloße richtige juristische Beurteilung der Situation. Sie erfordert vor allem taktisches Geschick basierend auf praktischer Erfahrung innerhalb und vor allem auch außerhalb des Gerichtssaales. Hierauf sollte der Mandant bei der Auswahl seines Beraters achten. Eine feste Vertrauensbasis ist wichtig, damit der Konflikt in die Hände eines verantwortungsvollen Beraters gelangt, der über die notwendige Erfahrung verfügt und eine effiziente und möglichst schnelle Lösung des belastenden Konflikts befördert. Die Praxis zeigt leider nicht selten, dass es auch Anwälte gibt, die - wohl getrieben von hohem Umsatzdruck - einen Konflikt eher befördern als ihn zu lösen. Diese werden dann selbst zum „schwarzen Peter“ für den Mandanten, der beim Gesellschafterstreit doch eigentlich die finanziellen Trümpfe unbedingt auf seiner Seite braucht.